Mein Weg

Meine Kindheit 

Geboren (1973, Larache) und bis zum 18. Lebensjahr aufgewachsen bin ich in Marokko. Ich bin als eines von sechs Kindern in einer einfachen, aber politisch aktiven Familie der Mittelschicht geboren. Im Norden Marokkos lebten viele Spanier, die unter dem Diktator Franco nach Marokko geflüchtet waren. Ebenfalls ist die jüdische Gemeinde fester Bestandteil der marokkanischen Gesellschaft. Mein Umfeld, unsere Nachbarn und meine SpielkameradInnen waren vielfältig. Meine Kindheit war von einer selbstverständlichen Diversität geprägt.

Meine Eltern legten auf die Bildung und Unabhängigkeit ihrer Kinder sehr großen Wert. Nach einem frankophonen Abitur (Baccalauréat) und zwei Semester (Physik und Chemie)  an der Ibn Tofail Université in Kénitra, beschloss ich, im Ausland zu studieren. In einem Land studieren zu wollen, dessen Sprache ich nicht sprach und das mein Abitur nicht anerkannte, war für meine Eltern kein Anlass zur Freude. Heute, selbst Mutter, kann ich ihre damaligen Sorgen gut nachempfinden. Umso dankbarer bin ich ihnen, dass sie meine Entscheidung akzeptiert und meine Eigenständigkeit gefördert haben.

Von der Sprachschule über die Uni in internationale Planungsexpertise

So reiste ich 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ich lernte zwei Monate Deutsch in einer Sprachschule in Krefeld. Danach zog ich nach Mainz und absolvierte das Studienkolleg an der Johannes Gutenberg Universität. Ich erinnere mich gerne an meine türkisch-stämmige Chemielehrerin, meinen Deutschlehrer und irakisch-stämmigen Biologielehrer. 30 Jahre später durfte ich als Mitglied des Zukunftsrats die Landesregierung um Ministerpräsidentin Malu Dreyer beraten.

1994 nahm ich das Studium des Bauingenieurwesens an der TU Darmstadt auf, das ich aus eigener Kraft finanzierte und 2001 abschloss. Anschließend war ich dort bis 2009 Wissenschaftliche Mitarbeiterin. 2006 habe ich an der TU Darmstadt zum Thema „Konzept zur nachhaltigen CO2-Emissionsminderung bei Wohngebäuden im Bestand unter Einbeziehung von CO2-Zertifikaten“ promoviert. In dieser Zeit engagierte ich mich ehrenamtlich für Nachwuchsförderung sowie als Gleichstellungsbeauftragte – und wurde zweifache Mama!

Von 2009 bis 2014 war ich in leitender Funktion in einem Planungsbüro tätig und konnte Projekte u.a. in Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien, Norwegen, Marokko, den Emiraten, der Schweiz und der Türkei realisieren.

Heute – Familie, Wissenschaft, Politikberatung und Engagement

Meine Fachgebiete sind nachhaltiges Bauen, Ressourcen- und Energieeffizienz, Klimaschutz und Klimaanpassung im Hoch- und Städtebau. Von 2014 bis 2024 war ich Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Universität Siegen, seit 2025 Professorin für energieeffiziente Gebäudetechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT).

Seit 2016 bringe ich meine Fachexpertise in die Politikberatung ein: Von 2016 bis 2019 als Beirat der IBA Thüringen (Kabinett Ramelow I, Linke/SPD/Grüne), von 2016 bis 2020 im Sachverständigenrat für Umweltfragen (Kabinett Merkel III, CDU/SPD), von 2017 bis 2022 im Expertenkreis Zukunft Bau des Bundes (Kabinett Merkel III, Merkel IV und Scholz, CDU/SPD bzw. SPD/Grüne/FDP). Von 2022 bis 2024 war ich Mitglied im Zukunftsrat für Nachhaltige Entwicklung RLP (Kabinett III Dreyer, SPD/Grüne/FDP), bis 2023 im Beirat der Bundesstiftungen Baukultur und Bauakademie, bis 2024 im Beirat des progressiven Zentrums. 2023 wurde ich in den Beirat des Promotionszentrums für Nachhaltigkeitswissenschaften berufen (Kabinett Rhein, CDU/Grüne).

Seit 2020 bin ich Mitglied im Club of Rome, seit 2024 Mitglied im Kuratorium des Deutschen Museums für Technik und bis 2026 Aufsichtsrätin des Forschungszentrums Jülich, auf Vorschlag der Bundesregierung (Kabinett Scholz, SPD/Grüne/FDP) und der NRW-Landesregierung (Kabinett Wüst, CDU/Grüne).

Von der Gesellschaft für Kreativität wurde ich mit dem CREO Preis 2023; vom Vordenker-Forum zur Vordenkerin 2024 ausgezeichnet.

Ich lebe nun länger in Deutschland als in Marokko, inzwischen mit meiner Familie. Ich habe die deutsche Sprache und die Kultur kennen und auch schätzen und lieben gelernt. Mein Weg ist geprägt von Diversität, Miteinander und dem festen Glauben daran, dass es jede/-r schaffen kann. Diese Erfahrung ist Teil meiner täglichen Arbeit. Nebenher engagiere ich mich für Gleichberechtigung, Nachwuchsförderung und Frauen in Führungspositionen.

Mein Wechsel in die Politik

Im Februar 2024 wurde ich zur Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr, Wohnen und ländlichen Raum ernannt. Dafür ruhte meine Professur an der Uni Siegen. Im Ministerium war ich für die Fachbereiche Energie, Verkehr, Mobilität, Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und ländlichen Raum zuständig.

Vor dem Wechsel in die Politik konnte ich, auf Vorschlag politisch unterschiedlich geführter Regierungen, meine Fachexpertise in Gremien einbringen. Für dieses Vertrauen in meine Expertise und Unabhängigkeit bin ich dankbar. Die Wissenschaft berät und zeigt faktenbasierte Handlungsoptionen auf. Die Politik entscheidet.

Bei meiner Entscheidung musste ich mit meiner Familie abwägen – zwischen der wissenschaftlichen und publizistischen Unabhängigkeit einerseits und dem Gestaltungsraum andererseits. Gerade bezahlbares Wohnen, saubere Energie und funktionierende Mobilität sind Grundbedürfnisse aller Menschen und die Basis ökonomischer und sozialer Stabilität. Als Ingenieurin und Wissenschaftlerin wollte ich meine Expertise und Praxiserfahrung einbringen, um die Phase des Wandels, in der wir uns befinden, so zu gestalten, das ein zentrales Versprechen wieder gilt: Unsere Kinder sollen es besser haben als wir. Als Ingenieurin und Mutter weiß ich: Das ist kein Selbstläufer. Ich wollte mich für ein Land engagieren, dem ich auch als Migrantin viel zu verdanken habe.

Mein Politikverständnis ist frei von Ideologie

Auch als Staatssekretärin wollte ich der gleiche Mensch bleiben. Der Eintritt in eine Partei ist und bleibt für mich ein Akt der Selbstbestimmung in freiheitlichen demokratischen Gesellschaften. Meine Arbeit erfolgte auf Basis der Verfassung, neutral und im Dienste des Landes und der Menschen. Als parteilose, unparteiische Staatssekretärin sprach ich mich für kooperative transparente Arbeitsstrukturen, sachgemäße Entscheidungen und Prozesse, klare Zuständigkeiten, Gleichberechtigung, moderne Rollenbilder und die strikte Trennung von Amt und Partei aus.

Im Ministerium wurde ich von kompetenten, erfahrenen und rechtstreuen Beamtinnen und Beamten unterstützt, die mir als Quereinsteigerin mit großer Offenheit begegnet sind. Es war mir wichtig, ihre Expertise transparent in Prozess-/Entscheidungsfindungen einzubinden. Es war mir eine Ehre, Staatssekretärin dieser Menschen zu sein. Ich sah es als meine Pflicht an, beide Koalitionsfraktionen einzubinden, Kommunen nach Bedürfnis und Sachlage, und nicht nach Parteifarbe zu unterstützen. Dialog mit Abgeordneten hielt ich für klug.

Während meiner Amtszeit habe ich die Kommission „Innovation im Bau“ einberufen, um Baukosten im Wohnungsbau zu senken und das Baurecht zu vereinfachen. Diese lieferte in kürzester Zeit Ergebnisse, als Grundlage einer Reform der Hessischen Bauordnung (HBO). In dieser Zeit fielen auch der Gesetzentwurf gegen spekulativen Leerstand sowie Vorbereitungen der Vereinbarungen mit den Verkehrsverbünden.

Ende Juli 2024 wurde ich vom hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Die Staatskanzlei stellte am 09.09.2024 in einer Stellungnahme unmissverständlich klar, dass sie sich den mir gegenüber erhobenen Vorwürfen und den Begriff des behaupteten „Fehlverhaltens“ nie zu eigen gemacht hat. Zuvor erklärte der hessische Kultusminister Armin Schwarz am 29.08.2024, dass „schulrechtlich nichts zu veranlassen“ sei. Der Schulleiter sah kein Fehlverhalten meinerseits (Aussage, 28.03.2024). Ein Lehrer bestätigte, dass nicht eine Notenverbesserung Ziel des Gesprächs war. Der Vorwurf gegen mich wurde im U-Ausschuss nicht belegt (Table.Berlin, Aussage 535, 30.03.2025). Weiteres unter Aktuelles.

Wechsel an das Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Seit April 2025 bin ich Professorin für „Energieeffiziente Gebäudetechnik“ am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) an. Die Schwerpunkte der Professur sind Energie- und Gebäudetechnik sowie die Entwicklung von klimaangepassten und ressourceneffizienten Gebäuden und Quartieren.

Ich freue mich sehr, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen am KIT an Lösungen für nachhaltiges Bauen zu arbeiten und meine Tätigkeit als praxisnahe Wissenschaftlerin und in der wissensbasierten Politikberatung wiederaufzunehmen. Immer wenn seriöse Politikerinnen und Politiker meinen fachlichen Rat erfragen, werde ich mich einbringen.

Einen Lebenslauf mit beruflichen Stationen und Referenzen finden sie hier.

© Judith Schmitz PHOTOGRAPHY // erstmalig erschienen im polis Magazin für Urban Development.